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  • Dr. Sven Hufnagel

Der "verbotene" Tesla-Touchscreen (OLG Karlsruhe)

OLG Karlsruhe, Beschluss vom 27.03.2020 - Az. 1 Rb 36 Ss 832/19



Darf man während der Fahrt eine Einstellung seines Pkw am Multi-Funktions-Touch-Screen (was für ein Wort ...) ändern? Na klar, würden wohl viele unserer Leser aus dem Bauch heraus antworten. Doch ganz so einfach ist das nicht - und das bekam ein Tesla-Fahrer deutlich zu spüren.


Er wollte bei starkem Regen auf einer Bundesstraße fahrend über den besagten Berührungsbildschirm das Intervall des Scheibenwischers ändern. Aufgrund der damit verbundenen Blick-Abwendung vom Verkehrsgeschehen kam er von der Straße ab, fuhr in eine Böschung und kollidierte mit einem Netzknoten-Stationierungs-Zeichen und mehreren Bäumen.


Das Amtsgericht erblickte darin einen Verstoß gegen das Handheld-Verbot des § 23 Abs.1a, 1b StVO und verurteilte ihn nicht nur zu einer Geldbuße in Höhe von 200 €, sondern auch einem einmonatigen Fahrverbot! Mit der dagegen eingelegten Rechtsbeschwerde hatte er beim Oberlandesgericht Karlsruhe keinen Erfolg. Denn nach dortiger Auffassung sei Folgendes zu beachten:


Der fest im Fahrzeug der Marke Tesla eingebaute Touchscreen ist ein elektronisches Gerät, dessen Bedienung dem Kraftfahrzeugführer nur unter den Voraussetzungen des § 23 Abs.1a S.1 u. 2 StVO gestattet ist. Dabei kommt es nicht darauf an, welchen Zweck der Fahrzeugführer mit der Bedienung verfolgt. Daher ist auch die Einstellung der zum Betrieb des Kraftfahrzeugs notwendigen Funktionen über den Touchscreen - im entschiedenen Fall also des Scheibenwischer-Intervalls - nur gestattet, wenn diese mit einer nur kurzen, den Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und Wetterverhältnissen angepassten Blickabwendung vom Verkehrsgeschehen verbunden ist.



Hmm, da fällt eine Beurteilung schwer.


Nach dem Wortlaut sowie Sinn und Zweck des Gesetzes erscheint mir die Entscheidung an sich nachvollziehbar. Zugleich führt sie aber zu ganz erheblichen Problemen in der Praxis, nachdem immer mehr Fahrzeug-Hersteller klassischerweise über Schalter oder Hebel zu bedienende Funktionen "digitalisieren" und nur noch über den Touchscreen nutzbar machen. Während Komfort-Funktionen freilich nicht zwingend während der Fahrt an- oder abgestellt werden müssen, zeigt der entschiedene Fall am Beispiel eines Tesla, dass durchaus auch solche Funktionen auf das Display "ausgelagert" werden, die fahr-relevant sind und keinen längeren Aufschub dulden. Neben dem Scheibenwischer-Intervall mag auch an die Belüftungseinstellung gedacht werden, um beschlagende Scheiben freizubekommen.


Da hilft letztlich wohl nur, die Bedienung selbst "in Intervallen vorzunehmen", also stets nur kurz auf das Display zu schauen, dann den Blick wieder auf die Straße zu richten, um anschließend die Benutzung sicher in einem oder mehreren weiteren Wechsel-Schritten der beschriebenen Weise zu vollenden. Eine Grad-Wanderung bleibt es aber allemal ...


Juristisch interessant ist die Entscheidung aber auch deswegen, weil sie als eine von wenigen wegen der Unfallfolge einen sogenannten qualifizierten, mit einem Fahrverbot sanktionierten Fall betrifft.



Dr. Sven Hufnagel

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