Handy-Verbot - was ist
das genau?

Mit bestimmten Begriffen wie dem "Handy-Verbot" können auch juristisch nicht geschulte Menschen zumindest im Ansatz etwas verbinden. Aber der Begriff ist eigentlich nicht weit genug gefasst und er lässt verkennen, welche Handlungen im Straßenverkehr der Gesetzgeber verboten hat. Hier finden Sie Antworten auf diese Fragen und zugleich Hinweise dazu, was (noch) erlaubt ist.
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Gemeint ist mit dem Begriff des "Handy-Verbots", dass es den Führern von Fahrzeugen im öffentlichen Straßenverkehr grundsätzlich verboten ist, ein Mobiltelefon zu benutzen.
Dabei geht der Begriff einerseits zu weit, da unter bestimmten Bedingungen eine solche Nutzung doch erlaubt sein kann.
Andererseits wirkt der Begriff aber auch verharmlosend, denn er verschweigt, dass auch die Benutzung zahlreicher anderer elektronischer Geräte am Steuer eines Fahrzeugs von der Verbots-Vorschrift erfasst ist. Deswegen hat sich zumindest in Fachkreisen der etwas allgemeiner gehaltene Begriff "Handheld-Verbot" etabliert, der aber ebenfalls nicht begrifflich "ins Schwarze zu treffen" vermag.
Nähere Informationen hierzu finden Sie auf den Folge-Seiten.
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Der Gesetzgeber hat sich dafür entschieden, nicht im Einzelnen zu regeln, was alles im Zusammenhang mit elektronischen Geräten im Straßenverkehr verboten ist, sondern umgekehrt festzulegen, was erlaubt ist.
Die Tendenz ist dabei eindeutig und wird auch durch Reformen des Tatbestandes klar: Es soll so ziemlich alles verboten werden!
Der Wille des Gesetzgebers dürfte dabei klar sein: Die Benutzung von Mobilfunkgeräten am Steuer führt zu einer erheblichen Ablenkung und stellt somit eine massive Unfall-Gefahr dar, die sich - mit einer großen Dunkelziffer - leider auch sehr häufig realisiert.
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In § 23 Abs.1a der Straßenverkehrsordnung (StVO) wird geregelt, unter welchen Bedingungen einem Fahrzeugführer die Benutzung eines elektronischen Geräts erlaubt ist und welche Geräte-Typen davon betroffen sind. Dort heißt es in der aktuellen Fassung unter der allgemein gehaltenen Überschrift "Sonstige Pflichten von Fahrzeugführenden" - aus unserer Sicht sprachlich verunglückt - wie folgt:
"(1a) Wer ein Fahrzeug führt, darf ein elektronisches Gerät, das der Kommunikation, Information oder Organisation dient oder zu dienen bestimmt ist, nur benutzen, wenn
1. hierfür das Gerät weder aufgenommen noch gehalten wird und
2. entweder
a) nur eine Sprachsteuerung und Vorlesefunktion genutzt wird oder
b) zur Bedienung und Nutzung des Gerätes nur eine kurze, den Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und Wetterverhältnissen angepasste Blickzuwendung zum Gerät bei gleichzeitig entsprechender Blickabwendung vom Verkehrsgeschehen erfolgt oder erforderlich ist.
Geräte im Sinne des Satzes 1 sind auch Geräte der Unterhaltungselektronik oder Geräte zur Ortsbestimmung, insbesondere Mobiltelefone oder Autotelefone, Berührungsbildschirme, tragbare Flachrechner, Navigationsgeräte, Fernseher oder Abspielgeräte mit Videofunktion oder Audiorekorder.
Handelt es sich bei dem Gerät im Sinne des Satzes 1, auch in Verbindung mit Satz 2, um ein auf dem Kopf getragenes visuelles Ausgabegerät, insbesondere eine Videobrille, darf dieses nicht benutzt werden.
Verfügt das Gerät im Sinne des Satzes 1, auch in Verbindung mit Satz 2, über eine Sichtfeldprojektion, darf diese für fahrzeugbezogene, verkehrszeichenbezogene, fahrtbezogene oder fahrtbegleitende Informationen benutzt werden.
Absatz 1c und § 1b des Straßenverkehrsgesetzes bleiben unberührt.
(1b) Absatz 1a Satz 1 bis 3 gilt nicht für
1. ein stehendes Fahrzeug, im Falle eines Kraftfahrzeuges vorbehaltlich der Nummer 3 nur, wenn der Motor vollständig ausgeschaltet ist,
2. den bestimmungsgemäßen Betrieb einer atemalkoholgesteuerten Wegfahrsperre, soweit ein für den Betrieb bestimmtes Handteil aufgenommen und gehalten werden muss,
3. stehende Straßenbahnen oder Linienbusse an Haltestellen (Zeichen 224).
Das fahrzeugseitige automatische Abschalten des Motors im Verbrennungsbetrieb oder das Ruhen des elektrischen Antriebes ist kein Ausschalten des Motors in diesem Sinne.
Absatz 1a Satz 1 Nummer 2 Buchstabe b gilt nicht für
1. die Benutzung eines Bildschirms oder einer Sichtfeldprojektion zur Bewältigung der Fahraufgabe des Rückwärtsfahrens oder Einparkens, soweit das Fahrzeug nur mit Schrittgeschwindigkeit bewegt wird, oder
2. die Benutzung elektronischer Geräte, die vorgeschriebene Spiegel ersetzen oder ergänzen."
Diese Gesetzes-Systematik mit Ausnahmen und Rück-Ausnahmen ist schwer verständlich, führt bei Verkehrsteilnehmern zu vielen Missverständnissen und Irrtümern und ist zugleich Grund für zahllose Gerichtsverfahren und Urteile.
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"Wer ein Fahrzeug führt, darf ein elektronisches Gerät [...] nur benutzen, wenn [...]" - so heißt es zu Beginn des § 23 Abs.1a der Straßenverkehrsordnung (StVO).
Entgegen landläufiger Meinung sind damit nicht nur die Führer von Kraftfahrzeugen (also Pkw, Lkw, Motorrad etc.) erfasst, sondern auch die Benutzer von nicht motorisierten Fahrzeugen, so dass auch beispielsweise Rad- und Roller-Fahrer nur unter den gesetzlichen Voraussetzungen elektronische Geräte während der Fahrt benutzen dürfen. Dies wird in der Praxis häufig verkannt!
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Aus § 23 Abs.1a und 1b der Straßenverkehrsordnung (StVO) ergibt sich zunächst, dass bestimmte elektronische Geräte - dazu an anderer Stelle mehr - von einem Fahrzeugführer im öffentlichen Straßenverkehr nur dann benutzt werden dürfen, wenn sie hierfür weder aufgenommen, noch gehalten werden.
Selbst wenn diese Bedingung erfüllt ist (z.B. bei Handys in einer Halte-Vorrichtung, mobilen Navigationssystem an einem Saugnapf an der Windschutzscheibe oder auch fest im Fahrzeug verbauten Bildschirmen) muss aber stets noch eine weitere Voraussetzung hinzukommen, damit eine Benutzung erlaubt ist:
Problemlos ist dies dann der Fall, wenn nur eine Sprachsteuerung verwendet oder eine Vorlesefunktion genutzt wird.
Ist dies nicht möglich und stattdessen eine Bedienung mit den Fingern erforderlich, so darf diese nur dann erfolgen, wenn dafür der Blick auf das Gerät nur von kurzer Dauer und den Gesamt-Verhältnissen (Straße, Verkehr, Sicht, Wetter) angepasst ist.
Diese Bedingungen gelten uneingeschränkt während der Fahrt.
Doch was viele nicht wissen:
Auch im Stillstand des Fahrzeugs (z.B. an einer roten Ampel oder im Stau) gelten grundsätzlich die gleichen Voraussetzungen - dies sogar dann, wenn der Motor selbsttätig durch das Fahrzeug im Wege einer Start-Stopp-Automatik abgeschaltet wurde!
Nur dann, wenn der Führer eines stehenden Fahrzeugs den Motor eigenhändig und vollständig ausgeschaltet hat, darf das elektronische Gerät auch auf andere Weise als oben beschrieben verwendet und beispielsweise auch in die Hand genommen werden.
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Um auch auf zukünftige Entwicklungen vorbereitet zu sein, hat der Gesetzgeber bewusst nicht abschließend einzelne Geräte-Typen in § 23 Abs.1a und 1b StVO benannt, sondern mit Geräte-Gruppen umschrieben, was vom "Handy-Verbot" erfasst sein soll.
Die Regelungen des "Handy-Verbots" gelten hiernach für sämtliche elektronischen Geräte, die
der Kommunikation,
der Information oder
der Organisation
dienen oder zu dienen bestimmt sind. Konkretisiert wird dabei, dass darunter insbesondere auch
Geräte der Unterhaltungselektronik oder
Geräte zur Ortsbestimmung
zu verstehen sind. Nur beispielhaft werden dafür dann im Gesetz insbesondere
Mobiltelefone,
Autotelefone,
Berührungsbildschirme,
tragbare Flachrechner (Tablets),
Navigationsgeräte,
Fernseher,
Abspielgeräte mit Video-Funktion oder
Audio-Rekorder und
auf dem Kopf getragene visuelle Ausgabegeräte (v.a. Video-Brillen)
benannt.
Kurzum: Durch die "offene" Begriffsbestimmung sollen nahezu alle elektronischen Geräte erfasst werden, da diese fast immer entweder der Kommunikation, der Information oder der Organisation - manchmal auch mehreren Zwecken gleichzeitig - zu dienen bestimmt sind.
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Moderne Kraftfahrzeuge haben meist mindestens ein Navigationsgerät fest verbaut. Vielfach bieten die oft großformatigen berührungsempfindlichen Bildschirme in der Mittelkonsole aber weit mehr als nur die Möglichkeit der Routenplanung. Radio- und allerlei Komfort-Funktionen sind darüber zu bedienen und bei Fahrzeugen wie jenen von Tesla dreht sich fast alles um diese Kommunikations-Zentrale.
Diese technische Entwicklung wirft die Frage auf, ob die Benutzung während der Fahrt oder auch bei Stillstand des Fahrzeugs ohne vom Fahrer selbst vorgenommene Abschaltung des Motors erlaubt ist oder nicht.
"Klar doch", würden wohl viele juristische Laien aus dem Bauch heraus antworten. Aber: So einfach ist es nicht!
Unstreitig ist sicherlich, dass ein solches Multi-Funktions-Modul im Sinne von § 23 Abs.1a StVO als elektronisches Gerät zu erfassen ist, das wohl gleich alle dort genannten Zwecke (Kommunikation, Information und Organisation) erfüllen soll.
Da es fest eingebaut ist, stellt sich weder die Möglichkeit, noch das Bedürfnis, das Gerät aufzunehmen oder in der Hand zu halten.
Problemlos benutzt werden dürfen solche Module via Sprachsteuerung.
Wer hingegen mit dem Finger auf dem Touch-Screen herumtippt, um beispielsweise eine Ziel-Adresse einzugeben, einen anderen Radio-Sender auszuwählen oder gar Einstellungen des Fahrzeugs zu ändern, riskiert unter Umständen bereits eine Anzeige, wenn er dabei von der Polizei beobachtet wird. Es entbrennt dann vielfach der Streit darüber, ob die Blickzuwendung den Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und Wetterverhältnissen angepasst und nur von kurzer Dauer gewesen ist oder nicht. Genau darauf kommt es nämlich an und daran ist zu entscheiden, ob die Benutzung noch erlaubt oder schon verboten war!
Dabei hat der Gesetzgeber nicht konkret festgelegt, was unter einer "kurzen Blickzuwendung" zu verstehen ist. Sind drei Sekunden noch in Ordnung und vier schon zu lange?
Wir haben schon vielfach diese und andere Streitfragen vor Gericht mit Erfolg diskutiert.
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Wir persönlich empfinden die Benutzung elektronischer Geräte (insbesondere Handys) während der Fahrt als erheblich ablenkend. Zudem kennen wir aus der beruflichen Praxis traurige und dramatische Fälle, in denen solche Ablenkungen gar zu Unfällen mit tödlichem Ausgang führten. Daher respektieren wir grundsätzlich die Bemühungen des Gesetzgebers, die Verkehrssicherheit im allseitigen Interesse zu verbessern, indem die Benutzung bestimmter Geräte eingeschränkt oder auch verboten wird.
Aber:
Die vom Gesetzgeber gewählte Umsetzung des gewünschten Verbots ist sprachlich missglückt und sie ermöglicht es juristischen Laien in vielen Fällen kaum, ohne vorbeugende Inanspruchnahme fachkundigen Rats einzuschätzen, was erlaubt und was verboten ist (Stichwort: Benutzung fest im Kraftfahrzeug eingebauter Multi-Funktions-Module).
Zudem ist die Regelung im Detail wenig nachvollziehbar (Stichwort: Benutzung nur bei selbst abgeschaltetem Motor erlaubt, mittels Start-Stopp-Automatik abgeschalteten Motors hingegen nicht).
In beweisrechtlicher Hinsicht ist leider festzuhalten, dass manche Polizei-Beamte zu Lasten der Betroffenen sehr schnell und in nicht zu rechtfertigender Weise einen "Handy-Verstoß" annehmen, obwohl ihre Beobachtungen dafür nicht ausreichend sind oder ihre rechtliche Bewertung fehlerhaft ist.
Dies sind nur ein paar der Kritik-Punkte, die uns dazu bewegen, in jedem Einzel-Fall für unsere Mandanten dafür einzutreten, dass ungerechtfertigte Sanktionen abgewendet werden. Dass es dabei umkehrt Fälle gibt, bei denen sich letztlich recht eindeutig tatsächlich ein Verstoß gegen die Pflichten eines Fahrzeugführers feststellen lassen, kann und soll dabei nicht verschwiegen werden.