Gerichts- und Behörden-Entscheidungen rund um das "Handy-Verbot"
Es kommt stets auf die Umstände des Einzelfalls an, wenn zu beurteilen ist, ob ein bestimmtes Verkehrsverhalten rechtmäßig oder ordnungswidrig erfolgte. Im Zusammenhang mit dem „Handy-Verbot“ gilt das ganz besonders. Nachfolgend soll ein Eindruck vermittelt werden, wie die Gerichte entscheiden.
Bei „einfach“ gelagerten Fällen halten sich Gerichte in der Regel an den Vorgaben des Gesetzgebers fest und verhängen Rechtsfolgen, die dem Bußgeld-Katalog zu entnehmen sind. Meist kommen dann 100 € Geldbuße und 1 Punkt auf den Kraftfahrzeugführer und 55 € ohne Punkte auf den Radfahrer zu.
Führt der Verstoß aber zu einer Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer oder gar zu einem Unfall, so können die Rechtsfolgen ebenso wie bei Wiederholungstätern auch gravierender ausfallen und zum Teil auch zu Fahrverboten führen.
Allgemeine Informationen zu den Rechtsfolgen finden Sie hier.
In den nachfolgenden Tabellen zeigen wir anhand von Beispielen, wie Gerichte im Konkreten entschieden haben. Die Urteile und Beschlüsse sind abrufbar, soweit sie veröffentlicht wurden.
Elektronische Geräte am Steuer - was ist erlaubt und was verboten?
Multi-Funktions-Display im Kfz:
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Der eingebaute Touchscreen darf während der Fahrt nur bedient werden, wenn dies mit einer nur kurzen Blickabwendung verbunden ist. Dies gilt auch dann, wenn (wie hier bei einem Tesla) nur auf diese Weise das Intervall des Scheibenwischers angepasst werden kann.
(OLG Karlsruhe, Beschl. v. 27.03.2020 - Az. 1 Rb 36 Ss 832/19; Download: hier; siehe auch unseren Blog-Eintrag: hier)
nicht bestimmbares Gerät:
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Es genügt nicht, dass ein Betroffener „irgendein“ elektronisches Gerät mit der rechten Hand neben dem Lenkrad gehalten und darauf geblickt haben soll - insbesondere gilt dies dann, wenn der anzeigende Polizeibeamte in der Hauptverhandlung nicht einmal ausschließen kann, dass er nur eine Benutzung des im Pkw verbauten Touch-Screens gesehen habe.
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(AG Aschaffenburg, Urt. v. 21.04.2022 - Az. 304 OWi 108 Js 1492/22; eigenes Mandat von uns, nicht veröffentlicht)
Handheld-Verstöße - welche Rechtsfolgen verhängen Gerichte?
Freispruch auf Kosten der Staatskasse - keinerlei Rechtsfolgen für den Betroffenen:
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Es genügt nicht, dass ein Betroffener „irgendein“ elektronisches Gerät mit der rechten Hand neben dem Lenkrad gehalten und darauf geblickt haben soll - insbesondere gilt dies dann, wenn der anzeigende Polizeibeamte in der Hauptverhandlung nicht einmal ausschließen kann, dass er nur eine Benutzung des eingebauten Touch-Screens gesehen habe.
(AG Aschaffenburg, Urt. v. 21.04.2022 - Az. 304 OWi 108 Js 1492/22; eigenes Mandat von uns, nicht veröffentlicht)
Einstellung des Verfahrens - keinerlei Rechtsfolgen für den Betroffenen:
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Wenn sich der anzeigende Polizist im gerichtlichen Hauptverhandlungstermin überhaupt nicht an den Tathergang erinnern und auch den Betroffenen nicht wiedererkennen kann, ist das Verfahren einzustellen.
(AG Gemünden am Main, Urt. v. 09.02.2021 - Az. 1 OWi 633 Js 18958/20; eigenes Mandat von uns, nicht veröffentlicht)
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Wenn sich der anzeigende Polizist im gerichtlichen Hauptverhandlungstermin überhaupt nicht an den Tathergang erinnern und auch den Betroffenen nicht wiedererkennen kann, ist das Verfahren einzustellen.
(AG Frankfurt am Main, Urt. v. 28.05.2020 - Az. 977 OWi - 955 Js 71530/19; eigenes Mandat von uns, nicht veröffentlicht)
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Im Zuge einer Geschwindigkeitsüberschreitung wurde auf Basis des ungenauen Blitzer-Fotos auch ein Handy-Verstoß angenommen. Nach einem Schriftsatz von uns kam die Bußgeldbehörde zu der Erkenntnis, dass schon die Fahrer-Eigenschaft unseres Mandanten nicht nachzuweisen ist.
(RP Kassel, Einstellungsverfügung v. 18.10.2019 - Az. 322.501464.6; eigenes Mandat von uns, nicht veröffentlicht)
30 € Geldbuße (wegen eines zusätzlichen Geschwindigkeitsverstoßes):
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Im Zuge einer Geschwindigkeitsüberschreitung wurde auf Basis des ungenauen Blitzer-Fotos auch ein Handy-Verstoß angenommen. Nach einem Schriftsatz von uns kam das Gericht zu der Erkenntnis, dass die Benutzung eines verbotenen Geräts nicht nachzuweisen ist. Hierfür kam es somit nicht zu etwaigen Rechtsfolgen.
(AG Lörrach, Urt. v. 18.01.2021 - Az. 38 OWi 23 Js 12012/20; eigenes Mandat von uns, nicht veröffentlicht)
1 Mon. Fahrverbot, 200 € Geldbuße, 2 Punkte:
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Ein Tesla-Fahrer hatte bei starkem Regen auf einer Bundesstraße fahrend über den Touchscreen das Scheibenwischer-Intervall zu ändern versucht. Aufgrund der Blick-Abwendung kam er von der Straße ab, fuhr in eine Böschung und kollidierte mit einem Netzknoten-Stationierungszeichen sowie mehreren Bäumen.
(OLG Karlsruhe, Beschl. v. 27.03.2020 - Az. 1 Rb 36 Ss 832/19; Download: hier; siehe auch unseren Blog-Eintrag: hier)